Jazz im Museum

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"Summertime" oder "Summer in the City"
2008

Früher, das war so Ende der 80er, Anfang der 90er veranstaltete die Stadt Frankfurt im Sommer immer ein grosses Summertime Festival mit allerlei Veranstaltungen. Von Jazz über Theater, Strassentheater bis hin zu Tanztheatern. Früher war alles kostenlos, bis irgendwann bei der Stadt Frankfurt der Geldfluss versiegte.

Frankfurt: Jazz im Museum 2008
Abb. 1: Frankfurt, Jazz im Museum 2008

Zwischen 1995 und 1999 gründete sich im Umfeld des Künstlerhauses Mousonturm ein Förderverein und liess die legendären Summertime Events wieder auferstehen. Zwar gibt es heute die Veranstaltungen nicht mehr kostenlos, so doch zu einem erschwinglichen Preis von 5 Euro.
Ich erinnere mich gerne zurück an die Sommersonntage, zu denen ich mich Sonntags morgens um 10 auf den Weg machte, um vom Alltagsstress abschalten zu können. Zumeist war das auch ein beliebter Treffpunkt von Gleichgesinnten. Als die Serie Mitte der 90er Jahre eingestellt wurde, fehlte richtiggehend eine feste Anlaufstelle. Nun ist das aber wieder anders. Wir warten schon gespannt auf das erste Konzert in diesem Jahr ...



[3.8.2008] Richtig heftig heizten die neun Jungs von der Youngblood Brass Band bei schon sommerlichen Temperaturen dem Publikum noch mehr ein.
Überwogen anfangs die rhytmischen Beats gab es später auch Ernsteres. Alles zusammen eine Mischung von Interpretationen der unterschiedlichsten Musikrichtungen - sowohl Altbewährtes alsauch Experimentelles. Und das Publikum war begeistert.
Nicht nur, dass die Band bereits vor 5 Jahren hier schon einmal auf der Bühne stand, verstand sie das Publikum mit am Rhytmus teilhaben zu lassen dass es niemanden mehr auf den Stühlen und Bänken hielt, nachdem auch die letzten der Aufforderung zu einer Zugabe gleichsam von der Band aufgefordert wurden sich dafür selbst zu erheben ...
Das Programm ist eine gelungene Mischung aus traditionellen Stilrichtungen mit dem Groove eines Clubs so dass am Ende des Konzerts im Innenhof des Historischen Museums, das entgegen der letztjährigen Ankündigung doch für die diesjährige Session aufgrund bürokratischer Hürden noch einmal zur Verfügung steht, mal wieder ein gelungener Auftakt der diesjährigen Saison von 'Jazz im Museum'.



Frankfurt: Jazz im Museum 2008, Youngblood Brass Band


Frankfurt: Jazz im Museum 2008, Youngblood Brass Band
Abb. 2+3: Frankfurt, Jazz im Museum 2008, Youngblood Brass Band



Frankfurt: Jazz im Museum 2008, Youngblood Brass Band


Frankfurt: Jazz im Museum 2008, Youngblood Brass Band
Abb. 4+5: Die 9 Jungs der Youngblood Brass Band heizten dem Publikum mächtig ein



[10.8.2008] Das Zeremoniell beginnt. Zeremonienmeister Omar Sosa betritt die Bühne. Einer Olympia Eröffnungsfeier gleich, wird eine Flamme auf die Bühne getragen - abgestellt. In der langsam fliessenden Bewegung fallen die ersten Töne.

Der Übergang zu Latin angehauchten Elementen ist fliessend. Die Wurzeln Afrikas schwingen bei allen Stücken mit dass das Konzert ein Erlebnis für Ohren und Augen wird.

Eigentlich wollte Omar in der Musikschule Mirimba spielen. Da es dieses Instrument dort nicht gab, lernte er am Klavier. Zusammen mit Bass, Schlagzeug und Querflöte bzw. Saxophon ist die Musik dennoch nicht typisch Afrika, nicht typisch Latin und vor allem kein typischer Jazz Standard. Geschickt verflechtet Omar die typischen Elemente der jeweiligen Musik zu einem Gesamtkunstwerk der besonderen Klasse.

Erstklassige Musik, die bereits das Prädikat 'Höhepunkt' der diesjährigen Konzertreihe verdient. Gäbe es nicht die Reihe 'Weltmusik im Palmengarten' Dienstags, könnte man den heutigen Tag auch unter dem Stichpunkt 'Weltmusik' plazieren.

Die Verbindung eigener musikalischer Wurzeln mit neuen Einflüssen anstrebend befindet sich Omar Sosa wie auf einer Wanderschaft über die Kontinente. Innovation und neue Aspekte sind gleichermassen die Worte, die am ehesten auf die spirituelle Erfahrung zutreffen, die die Zuhörer bei seinem Auftritt erfuhren.



Frankfurt: Jazz im Museum 2008, Omar Sosa Quartett (1)


Frankfurt: Jazz im Museum 2008, Omar Sosa Quartett (2)
Abb. 6+7: Omar Sosa Quartett



[17.8.2008] Wer meinte, das letzte Wochenende wäre nicht zu toppen, der liegt schief.

Nik Bärtsch's Ronin aus der Schweiz präsentierten, präziese wie ein Schweizer Uhrwerk Stücke aus ihrer Heimat. Nicht gegeneinander, sondern im Einklang trug jeder der 5 Musiker dazu bei, eine Synthese aus Klängen, Minimalmusik (aka BLINDMAN - die 2006 hier im Museum einen Auftritt hatten, aka Steve Reich, Philip Glass) Experimentelles und doch auch Altbekanntes zu verweben. Da alle Titel nur mit "Modul" und einer Nummer versehen sind, werden Verbindungen zu realen Welten und Erlebnissen ebenso getrennt, wie Assoziationen zu Geschichten und Bildern.

Trotzdem liess sich die Schweizer Bergwelt nicht völlig aus dem Klangraum verbannen. Die "saubere", geschärfte Sicht spiegelte sich in der Musik wieder. Die Betonung, die gleich von 4 Instrumenten (Drums, Bass, Percussion, Piano) getragen wurde, verstärkte den Eindruck dass eine Verschiebung von reinen Klängen, hin zum Rhytmus, was das essentielle eines Musikstücks gegenüber einem Bild ausmacht. Hier gab es einige spannende Ansätze, die aber unter dem Aspekt des "Einklangs" versteckt, aber doch wahrnehmbar waren.

Die von Nik Bärtsch selbstbenannte Namenskreation "Zen-Funk" trifft in einem Wort den Klang, die Rhytmik, das Erlebnis. Dieser Sonntag Vormittag entführte die Zuhörer in einen musikalischen Garten der Klänge und Rythmen in dem alles im Einklang wirkte. Keine auffällige Bühnenshow lenkte von dem Hörerlebnis ab. Keine Soli einzelner Interpreten die den Einklang unterbrach. Ein Konzert der Spitzenklasse, bei dem alles von Anfang bis zum Ende in sich stimmig ist.

Die zwei Hälften des Konzerts, die mit Stücken der beiden benannten CDs "Holon" und "Stoa" gefüllt war, liefert auch einen Hinweis auf die Intension: Holon - "ein Ganzes, das Teil eines anderen Ganzen ist" und Stoa - "die stoischen Philosophie ist die kosmologische, auf Ganzheitlichkeit der Welterfassung gerichtete Betrachtungsweise".
"Für den Stoiker als Individuum gilt es, seinen Platz in dieser Ordnung zu erkennen und auszufüllen, indem er durch die Einübung emotionaler Selbstbeherrschung sein Los zu akzeptieren lernt und mit Hilfe von Gelassenheit und Seelenruhe zur Weisheit strebt."
beschreibt noch einmal in anderen Worten was musikalisch umgesetzt wurde.

Nik Bärtsch (piano, fender rhodes)
Kaspar Rast (drums)
Björn Meyer (bass)
Sha (sax)
Andi Pupato (percussion)



Frankfurt: Jazz im Museum 2008, Nik Bärtsch's Ronin CH
Abb. 8: Nik Bärtsch's Ronin



[24.8.2008] Sebastian Gramss' Underkarl plays "Goldberg Variationen und Mutationen"
Wie bei Variationen üblich, wurde zunächst das Thema vorgestellt. Theatralische Ansagen zu den Variationen und Mutationen in loser Reihenfolge. So stellte sich der heutige alternative "Kirchgang" dar.
Heute an sich eher konzertant bezogen auf die vorherigen drei diesjährigen Veranstaltungen, gab es nur hin und wieder musikalische "Explosionen". Dennoch gab es für den geübten Zuhörer eine ganze Reihe von Überraschungsmomenten in der sonst mathematischen Vorlage von Bach's mehrschichtigen Kompositionen gepaart mit den rythmischen Elementen des Jazz.

Auch der Humor kam nicht zu kurz. Seien es die theatralisch gehaltenen Ansprachen, sei es der Austausch der Schlagstöcke durch Stempelmaschinen, seien es die spitzfindigen Abstecher und das Wildern in anderen Genres. Immer wieder tauchte eine musikalische Pointe auf.

Der literarische Abstecher mit dem Brief an Georg Erdmann von 1730 lieferte dann auch die Quintessenz des heutigen Konzerts. Das Auseinanderpflücken und freie wieder Zusammensetzen der Bach'schen Kompositionen.

Rudi Mahall, der 2006 das letzte mal auf dieser Bühne bei den beiden Projekten "Aki Takase and the Good Boys" und "Alexander von Schlippenbach und die Enttäuschung" (MONK'S CASINO) stand, zeigt auch heute wieder, dass er zu einem der besten Bassklarinettisten Europas gehört.

Bild 9: v.l.n.r.
Lömsch Lehmann (saxophone, clarinet)
Rudi Mahall (bass clarinet)
Sebastian Gramss (contrabass, composition)
DP Kölsch (drums)
Frank Wingold (guitar)



Frankfurt: Jazz im Museum 2008, Sebastian Gramss' Underkarl
Abb. 9: Sebastian Gramss' Underkarl



[31.8.2008] Nils Wogram's Nostalgia
Nun fand das definitiv letzte Konzert auf Jahre im Innenhof des Historischen Museums statt. Dafür präsentierte sich das Wetter noch einmal von der besten Seite.
Das Trio spielte im wesentlichen die Stücke von der neuesten CD "Affinity". Das CD Cover ziert der Ausschnitt eines Caspar David Friedrich Gemäldes, das neue - zweite - Werk des Nostalgia Trios.
Die Musik ist eine einzigartige Mischung von europäisch verwurzelten Musiktraditionen und klassischem Hardbop Jazz. Die Quintessenz liefert der Titel "Where Everything Comes From" (=> Blues)

Die fliessenden Melodiebögen der Posaune ummalt von den langgezogenen Akkorden der Hammondorgel. Mal behaftet streng vorgegebener Strukturen, entfliehend im freien Spiel. Mal Farbtüpfelchen setzend, war variantenreich, und nie vorhersehbar ein musikalisches Gemälde entstanden, das vergleichbar zur klassischen Smetanas Moldau Beschreibung verschiedene Stationen einer musikalischen Reise durch Raum und Zeit hörbar werden lies.

Dezent, konzertant - oder besser, wie in der CD Besprechung auf Frank Schindelbecks Jazz Blog beschrieben: "Wograms Trio spielt eine Musik, die auf Samtpfoten daher kommt." trifft das Konzert am ehesten.

Die Besetzung:
Nils Wogram (Posaune, Melodika)
Florian Ross (Hammondorgel)
Dejan Terzic (Schlagzeug, Glockenspiel)



Frankfurt: Jazz im Museum 2008, Nils Wogram's Nostalgia


Frankfurt: Jazz im Museum 2008, Nils Wogram's Nostalgia
Abb. 10 + 11: Nils Wogram's Nostalgia


Summer in the city 2008
3.8. - 2.9.2008

Reihe: Jazz im Museum
Im Hof des Historischen Museums am Römerberg, Frankfurt/Main
Immer Sonntags von 11 bis 13 Uhr

So 3.8.Youngblood Brass Band USASummer In The City Programm 2008
So 10.8.Omar Sosa Quartet CU
So 17.8.Nik Bärtsch's Ronin CH
So 24.8.Sebastian Gramss' Underkarl D
So 31.8.Nils Wogram´s Nostalgia D
(Alle Angaben ohne Gewähr)



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x) Auszüge


Weitere Infos unter: www.mousonturm.de



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